25 Jahre voller Erinnerungen, Anekdoten, Skurrilem und auch einem Preis
HypZert Identnummern werden bis heute teilweise wie Abzeichen getragen. Umso niedriger die Nummer, desto stolzer der Besitzer. Da verwundert es kaum, dass unsere 2/96 sich es nicht hat nehmen lassen, einen wunderbaren Eintrag über sein HypZert Leben zu verfassen.
Rudolf Baumgartner, ein HypZert Gutachter der ersten Stunde, nimmt uns mit auf seine Reise durch 25 Jahre mit HypZert:
"Ein Vierteljahrhundert – 25 Jahre mit rasanten globalen Entwicklungen – liegen die Anfänge der HypZert nun schon zurück. Als einer der ersten zertifizierten Gutachter von damals kann ich nicht behaupten, dass mir dies wie gestern vorkommt, aber die Erinnerungen sind auf jeden Fall noch sehr präsent."
1996 bis 2021 – 25 Jahre HypZert Erinnerungen von der ersten Stunde bis heute
Ein Vierteljahrhundert – 25 Jahre mit rasanten globalen Entwicklungen – liegen die Anfänge der HypZert nun schon zurück. Als einer der ersten zertifizierten Gutachter von damals kann ich nicht behaupten, dass mir dies wie gestern vorkommt, aber die Erinnerungen sind auf jeden Fall noch sehr präsent.
Damals existierten sehr viele Hypothekenbanken in Deutschland, allein die Hypobank und die Vereinsbank besaßen jeweils 3 bis 4 Realkredittöchter. Aber obwohl ich seit 1980 bei der Münchener Hypothekenbank eG tätig und Leiter der Gutachterabteilung war, kannte ich kaum meine Kollegen in München, geschweige denn die aus anderen Regionen. Ein Kontakt war von den Vorstandsebenen auch nicht unbedingt erwünscht. Denn wenn dann manche Finanzierung nicht in den eigenen Büchern landete, waren sicherlich die eigenen Gutachter der viel zu vorsichtigen Objektbewertung verantwortlich. Einheitliche Standards der Beleihungswertermittlung existierten nicht – jedes Institut arbeitete mit seinen vom BAKred abgesegneten Wertermittlungsrichtlinien.
Start einer Qualitätsoffensive
Ab Ende 1994 gab es dann aber doch Überlegungen beim damaligen VDH (Verband der Hypothekenbanken) eine Qualitätsoffensive bezüglich des Banken-Bewertungswesens zu starten. Dies erfolgte aber aus durchaus eigennützigen Überlegungen der Hypothekenbankvorstände. Man wollte den internationalen Ratingagenturen verdeutlichen, dass Deutschland ein hochqualifiziertes Sachverständigenwesen zur Beurteilung von Immobiliensicherheiten besitzt. Damit sollte die hohe Sicherheit der emittierten Pfandbriefe dokumentiert und somit deren Absatz in Europa und darüber hinaus vortrefflich gesichert und ausgeweitet werden.
Unabhängig der zugrundeliegenden Motivation erhielt jedenfalls das Gutachterwesen die angemessene Aufmerksamkeit. Im Frühjahr 1996 beschlossen die Mitgliedsinstitute des VDH die Gründung einer „Zertifizierungsstelle für Immobiliensachverständige für Beleihungswerte“. Auch ein „Ausschuss für Bewertungsfragen“ wurde installiert und dieser umgehend mit der Umsetzung des Beschlusses beauftragt. Herr Reif vom VDH besuchte daraufhin die Leiter der Bewertungsabteilungen, um ihnen die Intention dieses Vorhabens zu erläutern und sie in die weitere Vorgehensweise einzubinden. Nicht wenige – mich dabei nicht ausgenommen – standen dem Erfolg dieser „visionären“ Ideen zunächst skeptisch gegenüber. So bedurfte es manchmal einer gehörigen Portion Überzeugungsarbeit, um alle mit ins Boot zu holen – was schließlich ja auch gelang.
Eine Woche Einschluss für den Grundstein
Die ca. 20 Leiter der Gutachterabteilungen begaben sich dann eine Woche auf Schloss Gymnich in Klausur, um die Philosophie des Beleihungswertes und die Methodik der Beleihungswertermittlung niederzulegen, die Grundlagen der Ausbildung und die ersten Ansätze der künftigen Studienbriefe zu entwerfen und sich mit den Berufsgrundsätzen künftiger Gutachter zu beschäftigen. Diese Woche brachte ein intensives persönliches Kennen- und Schätzenlernen und die Erkenntnis, dass wir alle mit denselben Themen und Problemen befasst waren. Das „geballte“ Wissen und die Fachkompetenz aller Teilnehmer förderte die guten Ergebnisse. Ebenso entwickelte sich daraus ein großer Zusammenhalt innerhalb dieser Kerntruppe, der auch über diese Zeit hinaus ein Faktor für die überaus positive Entwicklung der HypZert wurde.
Die allererste Prüfung
Dann kam auch für uns die Stunde der Wahrheit – wie alle über 2.000 Teilnehmer danach auch mussten wir die Zertifizierungsprüfung mit Gutachten, Plausibilisierung und Fragenteil ablegen. Es war sicher nicht zu erwarten, dass einer von uns durchfallen würde, aber der Respekt war selbst bei den „gestandenen“ Kollegen der großen Institute nicht zu leugnen. Nach den beiden Gutachten am Vormittag sprach man beim Mittagessen über die Aufgaben und diverse Male hörte man: „Oh, ich hab mich bei der AfA verrechnet“, „Mist, das Mietausfallrisiko ist zu niedrig“ und auch das Wort „Sch…“ war des Öfteren zu hören. Nachdem der schriftliche Teil bestanden war, wartete die mündliche Prüfung, und auch diese war durchaus anspruchsvoll; auch die allererste Zertifizierung bekamen wir keineswegs „geschenkt“.
Nicht anders erging es mir übrigens auch später bei den Rezertifizierungen. Bestimmt mit dem nötigen Wissen ausgestattet, war ich trotzdemirgendwie nervös und hatte Lampenfieber, versuchte alle Themenfelder aufzufrischen und war immer in Sorge, etwas vergessen zu haben. Vielleicht ein kleiner Trost, auch den Chefs ging es nicht anders als jedem Prüfling. Aber dieser Respekt vor der Prüfung hat auch seine Berechtigung, denn das Zertifikat ist ein absolutes Gütesiegel und würdigt das breite fachliche Wissen des Inhabers.
Tatsächlich bestanden dann im Herbst 1996 alle 21 „Ur“-Gutachter die Prüfung. Damit war sie meines Wissens die einzige bisher in den vergangenen 25 Jahren mit einer 100%-Quote. Den ersten „Höhepunkt“ in der Geschichte der HypZert bildete dann am 23. Januar 1997 die Überreichung der Urkunden. Meine Zertifizierung lautete auf die stolze Nummer 002, wenn auch nur aufgrund des ABCs. Stilgemäß erfolgte die Feier in einem tollen Rahmen auf der Bonner Godesburg. Ganz neu dabei war damals auch der frischgebackene junge Geschäftsführer der HypZert, Herr Reiner Lux, einer der maßgeblichen Väter der bis heute andauernden Erfolgsstory.
"Den ersten „Höhepunkt“ in der Geschichte der HypZert bildete dann am 23. Januar 1997 die Überreichung der Urkunden. Meine Zertifizierung lautete auf die stolze Nummer 002, wenn auch nur aufgrund des ABCs."
Ausgehend von dieser Kerntruppe verbreitete sich die Idee der HypZert rasch weiter.
Zunächst moderat mit der zweiten Ebene wurden nach und nach immer mehr Gutachter zertifiziert. Auch bei der Münchener Hypothekenbank bzw. später der M-Wert GmbH habe ich bei meinen Mitarbeitern immer Wert auf die Ausbildung und die Zertifizierung durch die HypZert gelegt. Rasch nahm die Zahl der zertifizierten Gutachter rasant zu. Bald schon konnte der oder die 100., dann 500. und bald 1.000 Person ihr Zertifikat entgegennehmen.
Für alle deutschen Bankengruppen wurde der HypZert-Standard zur Benchmark bei den Gutachtern für Finanzierungszwecke. Die Tätigkeit der Gutachter wurde insgesamt aufgewertet. Der Bewertungsausschuss des VDH entwickelte sich zu einem angesehenen Fachgremium für alle Fragen der Beleihungswertermittlung und war auch Ansprechpartner bei der Ausgestaltung der Beleihungswertermittlungsverordnung, der BelWertV. Hervorragende Arbeit wurde auch in den Ausschüssen geleistet und gerne erinnere ich mich an die Zeit als Vorsitzender des Arbeitskreises „Methodik“.
Diese Methodik rund um die Beleihungswertermittlung weiterzugeben, war mir von Anfang an ein besonderes Anliegen.
Schon 1997 führten Wolfgang Crimmann und ich die ersten Seminare durch. Heute gar nicht mehr vorstellbar, versuchten wir mit Folien und Overheadprojektor unser Wissen zu vermitteln. Die Anforderungen an die Ausbildung und die Prüfungen wurden im Laufe der Zeit immer professioneller und umfangreicher. Bis heute bin ich an den Akademien mit dem Kernmodul „Beleihungswert“ und der abschließenden Prüfungsvorbereitung tätig. Auf jede Veranstaltung empfinde ich eine Vorfreude auf den Austausch mit den Teilnehmern. Viele der heutigen HypZert Gutachter – grob geschätzt mehr als 2/3 der über 2.000 Zertifizierten – besuchten wenigstens einmal eines meiner Seminare. So war es auch einer meiner größten und schönsten Tage, als ich bei der HypZert Jahrestagung 2014 in Frankfurt mit dem „HypZert Certification & Valuation Award“ ausgezeichnet wurde und sich viele Ehemalige mit mir freuten.
"So war es auch einer meiner größten und schönsten Tage, als ich bei der HypZert Jahrestagung 2014 in Frankfurt mit dem „HypZert Certification & Valuation Award“ ausgezeichnet wurde und sich viele Ehemalige mit mir freuten."
HypZert Jahrestagung – ein berufliches „must“
Die Jahrestagungen der HypZert entwickelten sich mit den Jahren zu einem beruflichen „must“ der Szene. Nicht nur die umfangreichen Weiterbildungsmöglichkeiten, sondern auch das „net-working“ und das Wiedersehen mit ehemaligen Mitleidenden, Ausbildungs- oder Arbeitskollegen am Vorabend möchte wohl keiner missen. Persönlich habe ich noch keine einzige Jahrestagung versäumt und freue mich schon darauf, wenn diese Veranstaltung endlich wieder möglich wird. Wer arbeitet, soll auch feiern. Und so bleiben einige dieser Veranstaltungen besonders in Erinnerung. Neben dem Treffen in der AllianzArena zählt die Fahrt auf der „MS Rheinenergie“ mit dem tollen Varieté-Programm zum 10-jährigen Bestehen zu den unvergessenen Erlebnissen. Da durfte einem auch eine Seehunddame gerne einen feuchten Schmatz geben.
Das „Auge der Bank“
Als „Auge der Bank“ – was die Immobilienfinanzierung betrifft – üben wir einen tollen, aber verantwortungsvollen Beruf aus. Er ist herausfordernd, erfordert Fachwissen und bringt immer wieder neue interessante Aspekte. Man besichtigt die unterschiedlichsten Immobilien und trifft interessante Leute. Unvergesslich ist mir persönlich die Besichtigung des alten Gebäudes der „New York Times“ gewesen. Im Untergeschoss standen noch die uralten Druckmaschinen und an den Wänden hingen die Originalausgeben mit den Headlines etwa vom Angriff auf Pearl Harbour 1941 oder der ersten Mondlandung von 1969. Dieser Hauch von Geschichte verursachte mir schon eine Gänsehaut.
Seit ich nach 35 Berufsjahren in den Vor“ruhe“stand wechselte, ist es um das Tagesgeschäft ruhiger geworden und es bleibt mehr Zeit für Hobbies wie Reisen oder Golfen (wenn man sie denn wieder ausüben kann). Aber weiterhin engagiere ich mich bei den Akademien rund um die Ausbildung und bleibe dadurch auch der HypZert immer noch verbunden.
Zum runden Geburtstag wünsche ich der HypZert alles Gute und eine weitere erfolgreiche Zukunft. Bei der Fülle der Aufgaben und auch bei der engagierten Mann(„Frau“)schaft um Herrn Lux und Frau Reiß bestehen daran aber keinerlei Bedenken.
Dankeschön!
Was für ein Rückblick! Wir danken Rudolf Baumgartner von Herzen für diesen einzigartigen Einblick in unsere eigene Geschichte!
Falls es im Vorruhestand zu langweilig werden sollte, ist der Job als HypZert Chronist in jedem Fall für Sie reserviert.