Immobilienwert: Faktoren und Risikotreiber
Immobilien stehen derzeit hoch im Kurs: Häuser und Wohnungen gelten als sichere Wertanlage und werden trotz der rasanten Preisentwicklung an vielen Standorten weiterhin nachgefragt. Doch wie wird sich der Wert von Immobilien in der langfristigen Perspektive entwickeln? Welche Faktoren spielen für den Immobilienwert eine tragende Rolle und welche Risikotreiber sind dabei für die Zukunft besonders zu berücksichtigen? Der Prozess zur Wertfindung einer Immobilie ist multidimensional und komplex. Besonders deutlich wird dieses bereits in der Suche nach einer einheitlichen Definition von „Wert“. Allein in der Immobilienökonomie werden die unterschiedlichsten Maßstäbe zur Klärung der Wertbeimessung herangezogen. Hier nur einige ausgewählte Beispiele: Anschaffungswert, Barwert, Beleihungswert, Versicherungswert, Geldwert oder Wertminderung. Allen Ansätzen ist dabei gemein, dass zur Entstehung eines Wertes eine Gruppe von Marktteilnehmern gegenüber einer Sache/einer Immobilie eine aggregierte Preisvorstellung haben muss. Im Gegensatz zum Preis, der fälschlicherweise häufig als Synonym für den Begriff „Wert“ verwendet wird, spiegelt der Immobilienwert damit im übertragenen Sinne die Erwartungen von Marktteilnehmern wider. Der Wert muss daher losgelöst von den individuellen persönlichen Verhältnissen des Grundstückseigentümers und des Käufers (?)ermittelt werden. Häufig wird fälschlicherweise von nicht Sachkundigen angenommen, dass der Immobilienwert durch die ausschließliche Anwendung einer Formel ermittelt werden könnte. Bei aller Transparenz und Differenzierung in den Bewertungsmethoden verbleibt die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken ein Schätzwertverfahren. Die Berufsbezeichnung des „Immobilienschätzers“ trifft aktuell nicht mehr den Zeitgeist, die Kernaussage hat jedoch weiterhin Bestand!
Immobilienwert: Verkehrswert, Marktwert, Zeitwert
In Deutschland gilt der sogenannte Verkehrswert (oder auch: Marktwert) nach §194 BauGB als objektiver, nachvollziehbarer und überprüfbarer Wert. Dieser ist, nach dem Verständnis des Gesetzgebers, stichtagsbezogen zu ermitteln unter der Berücksichtigung aller rechtlichen und tatsächlichen Eigenschaften, der Lage sowie der sonstigen Beschaffenheit des Grundstücks. Ausgangspunkt der Verkehrswertermittlung muss der gewöhnliche Geschäftsverkehr sein und der Sachverständige darf persönliche oder ungewöhnliche Verhältnisse in den Immobilienwert nicht mit einfließen lassen. Diese Voraussetzungen stellen sicher, dass es sich beim Verkehrswert nach § 194 BauGB um eine Wertvorstellung handelt, die gegenüber Dritten Bestand hat. Auch mit Blick auf die internationalen Märkte ist der „Marktwert“ bzw. „market value“ der vorherrschende Wertbegriff, u.a. nach Definitionen des International Valuation Standards Councils (IVSC), der European Group of Valuers´Associations (TEGoVA) sowie der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS). Inhaltliche Abweichungen zum Verkehrswert nach § 194 BauGB bestehen weitestgehend nicht, denn auch in der deutschen Gesetzgebung wurde der Begriff Marktwert implementiert (s. § 16 PfandBG, Wertermittlungsrichtlinien). Der Immobilienwert als sogenannter „Zeitwert“ charakterisiert sich daher für jeden Dritten durch die nachstehenden Merkmale:
- Stichtagsbezug;
- Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr;
- Berücksichtigung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks;
- Ausschluss ungewöhnlicher und persönlicher Verhältnisse.
Beleihungswert
Eine weitere Definition des Immobilienwertes ist der sogenannte Beleihungswert, der seine Zweckverwendung in der kreditwirtschaftlichen Wertermittlung hat. Die Immobilie wird im Zuge einer Kreditvergabe von den Finanzinstituten mit einer Grundschuld belastet und sichert die finanzierende Bank über den Zeitraum der Kreditforderung mit dem Wert der Immobilie ab. Die Einschätzung, welcher Wert langfristig und damit nachhaltig für das Institut als Sicherheit zur Verfügung steht, bildet die Grundlage für die Methodik der Beleihungswertermittlung. Im Gegensatz zum erwähnten Marktwert bzw. Verkehrswert wird daher der Beleihungswert unter folgenden Prämissen ermittelt:
- aus dem langfristigen Marktgeschehen abgeleitete Erkenntnisse;
- dauerhafte, zukunftssichere Merkmale;
- ein langer, in die Zukunft ausgerichteter Betrachtungszeitraum;
- normaler Geschäftsverkehr.
Neben diesen für die Branche der Immobilienbewertung grundlegenden „Immobilienwert“-Definitionen, existieren noch weitere Wertbegriffe, u.a. im Kontext der Versicherungswirtschaft oder auch der Bilanzbuchhaltung. Für die Finanzwirtschaft sichert die HypZert GmbH als Initiative der Spitzenverbände der Kreditwirtschaft in Deutschland ein einheitliches „Immobilienwert“-Verständnis als Basis der kreditwirtschaftlichen Wertermittlung und der Anwendung national wie international anerkannter Bewertungsmethoden.
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Tanja Reiß